/*schliesst den menu_Abschnitt*/

Autogenes Training

Autogenes Training in der Konzeption von Prof. Dr. I. H. Schultz Der Begriff autogen stammt aus der altgriechischen Sprache und setzt sich aus den Begriffen autos = "aus dem Selbst" und genos = "entstehend" zusammen. Training bedeutet "Üben" und so kann man das Wort autogenes Training ins Deutsche mit "aus dem Selbst entstehendes Üben" übersetzen. (Autogenes Training wird im weiteren Text als AT abgekürzt.) Durch Prof. Dr. I. H. Schultz wurde diese Methode in umfassender Darstellung zum ersten Mal 1932 veröffentlicht. Er und andere Wissenschaftler hatten bei Versuchen zur Hypnose bemerkt, daß erfahrene Versuchspersonen den hypnotischen Zustand eigenständig herbeiführen konnten. "Das Autogene Training ist die legitime Tochter der Hypnose"Man hatte bis dahin angenommen, daß eine Hynose nur durch eine andere Person eingeleitet werden könnte. Es zeigte sich, daß eine freischwebende Konzentration auf hypnosetypische Körperempfindungen für viele Menschen genügte, um das eine Selbsthypnose eigenständig herbeiführen zu können. Mit dem AT entwickelte Schultz eine Rahmenstruktur für das Erlernen einer selbsthypnotischen Entspannung. Im AT wird zwischen Unterstufe und Oberstufe unterschieden. Die folgenden Erläuterungen beziehen sich auf die Unterstufe des Autogenen Trainings.

Was bewirkt das Autogene Training?

Die wichtigsten Leistungen des Autogenen Trainings sind:

Selbstberuhigung: Ein Hauptziel des AT ist das absichtliche Herstellen von innerer Ruhe. Der Übende erlernt den sogenannten "Entspannungsreflex" und ist dadurch in der Lage, absichtlich und rasch einen Entspannungszustand und vertiefte innere Ruhe herbeizuführen. Das Herbeiführen vertiefter Ruhe ermöglicht es, Gefühlsschwankungen zu beeinflussen, da der Übende länger in der Ruhe bleiben kann oder schneller wieder zur Ruhe findet. Diese Eigenschaft des Autogenen Training wird auch als "affektive Resonanzdämpfung" bezeichnet. Dies kann vor allem Menschen helfen, die häufig ängstlich, unruhig, nervös oder leicht erregbar sind und dadurch schnell in Streß geraten. Das AT ersetzt nicht eine ggf. notwendige Psychotherapie, kann diese jedoch ergänzen.

Erholung: Durch das absichtliche Herbeiführen eines umfassenden Ruhezustandes erhält der Mensch die Möglichkeit zu vertiefter Erholung und Regeneration. Dies kann auch im Sinne vorbeugender Ruhepausen genutzt werden.

Nutzen bei Organfunktionsstörungen: Bei vielen Krankheitsymptomen zeigen sich streßbedingte Verschlimmerungen bzw. die streßbedingte Aufrechterhaltung von Fehlregulationen. Das AT bietet die Möglichkeit, durch eine Verringerung der allgemeinen Streßlage sowie durch erzielte Erholung und Regeneration, Krankheitssymptome positiv zu beeinflussen. Das AT ersetzt keinesfalls eine notwendige medizinische Behandlung, medizinische Kontrollen oder eine medikamentöse Behandlung. Krankheitsbilder und psychische Störungen, für die alleinige Wirkung des AT wissenschaftlich nachgewiesen werden konnte, sind:

Als begleitendes Verfahren bei ärztlichen Therapien oder Psychotherapie im Rahmen verschiedenster Störungs- und Krankheitsbilder hat sich das Autogene Training ebenfalls bewährt. Ein besonderer Nutzen des Verfahrens liegt in der Funktion als Basistherapeutikum für ältere Menschen (vgl. hierzu das ausführliche und sehr zu empfehlene Buch von Hirsch, R. D. u. Hespos, M. (2000), Autogenes Training bis ins hohe Alter, München, Basel: E. Reinhardt-Verlag).

Nutzung der Gestaltungskräfte des entspannten Zustandes: Der im AT trainierte selbsthypnotische Zustand erleichtert die Verwendung von (selbstsuggestiven) Vorsätzen zur Übertragung und Ausweitung des inneren Ruhezustandes auf andere Situationen. Weitere Anwendungsbereiche des AT finden sich in der Geburtsvorbereitung, bei der Behandlung chronischer Schmerzen, bei psychosomatischen Störungsbildern, als begleitendes Verfahren bei Psychotherapien sowie als allgemeine Vorbeugungsmethode gegen Streß.

Anspannung und Entspannung bei Menschen

Das Autogene Training beeinflußt das vegetative Nervensystem des Menschen. Das vegetative Nervensystem ist entwicklungsgeschichtlich sehr alt. Es steuert vor allem innere Abläufe im Körper. Es wurde lange angenommen, daß seine Funktion kaum willentlich beeinflußt werden könnte. Das vegetative Nervensystem hat zwei Bestandteile, die sich wechselseitig beeinflussen. Ein Teil des vegetativen Nervensystems ist der Sympathikus. Dieser Teil ermöglicht eine sekundenschnelle Bereitstellung von Kraft, Reaktionsbereitschaft und Energiereserven. Wenn der Sympathikus stark aktiv ist, versetzt er den Körper in einen Alarmzustand, das Blut wird stärker den Muskeln zugeführt und die Funktion der inneren Organe eingeschränkt. Bedauerlicherweise kann auch alltäglicher Streß zu einer deutlichen Aktivierung des Sympathikus führen. Der andere Teil des vegetativen Nervensystems ist der Parasympathikus. Dieser Teil ist zuständig für Entspannung und Erholung sowie für die optimale Aufnahme und Speicherung von Energie. Auf der psychischen Ebene erleichtert ein aktiver Parasympathikus den Zugang zum inneren Erleben und zur bildhaften Vorstellung (Imagination). Sympathikus und Parasympathikus verhalten sich wie Gegenspieler zueinander. Dies bedeutet, daß eine gesteigerte Aktivität des einen, den anderen zunehmend passiv werden läßt und umgekehrt. Man kann es mit der Situation auf einer Wippe verdeutlichen: Ist der Sympathikus aktiv, wird er größer und schwerer, der Parasympathikus zeitgleich hierzu kleiner und leichter, wodurch sich die Wippe auf der Seite des Sympathikus nach unten neigt. Ist der Parasympathikus aktiviert, verhält es sich genau andersherum. Mit Hilfe des AT soll ein absichtliches und schnelles Umschalten auf eine parasympathische Aktivierungslage erlernt werden. Dieses Umschaltenkönnen wird auch als "Entspannungsreflex" bezeichnet.

Wie wird im Autogenen Training geübt?

Im Autogenen Training wird geübt, die Aufmerksamkeit gezielt auf bestimmte Körperwahrnehmungen zu richten. Sämtliche dieser Körperwahrnehmungen erleichtern die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems. Geübt wird die Wahrnehmung

Durch die freischwebende Konzentration auf diese Körperwahrnehmungen und das "Geschehenlassen" dieser Empfindungen werden beim Üben immer wieder aufs neue Erlebnisse und Erfahrungen von Entspannung gesammelt, erfahren und vertieft. Im Lauf des fortschreitenden Übens kommt es zur sogenannten "Generalisierung", einem Ausbreiten der beübten Empfindungen auf weite Bereiche des Körpers. Gelingt die Herstellung des selbsthypnotischen Entspannungszustandes nach regelmäßigem Üben rasch, spricht man vom erlernten "Entspannungsreflex". Das Erlernen der Übungen erfolgt im schrittweisen Aufbau. Man beginnt mit der ersten Übung und übt ausschließlich diese über einen Zeitraum bis zu 14 Tagen. Danach wechselt man zur nächstfolgenden Übung, wobei die vorherige weiterhin mitgeübt wird. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der neu hinzugekommenen Übung. Die Übungen des AT werden in der Lernphase dreimal täglich 4 Minuten lang geübt, und zwar so lange bis die schnelle Umschaltung auf die parasympathische Aktivierungslage (Entspannungsreflex) erlernt und verinnerlicht wurde. Das Erlernen der Umschaltung kann einige Wochen dauern.

Jede/Jeder übt anders!

Die Besonderheit des Autogenen Trainings für die Übenden besteht darin, daß jeder/jede seinen/ihren eigenen Weg des Übens und der Vergegenwärtigung der Übungsinhalte findet. Daher auch der Begriff "autogen" = "aus dem Selbst entstehend". Durch das regelmäßige Beüben der entspannungstypischen Empfindungen entsteht ein ganz persönliches Verständnis und eine individuelle Repräsentation. Sich auf diesen Erlebensprozeß im Üben ohne übersteigerte Zielstrebigkeit oder überhöhte Erwartungen, ohne krampfhaftes "Mühen" oder "Müssen" einzulassen, stellt einen zentralen Schlüssel für das Erlernen und die Vertiefung der einzelnen Übungen dar. Der/die Übende registriert in allen sinnlichen Qualitäten (bekannte oder neu entstehende bildhafte Vorstellungen; Höreindrücke; rhythmisch-melodische Ausgestaltung der Übungsformeln; kinästhetische Eindrücke [Fühlen; innere Bewegungen]), was sich beim Üben ereignet. Der/die Übende erlaubt sich die Ausbreitung und Intensivierung der sich einstellenden Wahrnehmungen und Empfindungen. Dieses "Geschehenlassen" bei freischwebender Aufmerksamkeit ist der Schlüssel für ein erfolgreiches Erlernen des AT und eine stabile und langfristige persönliche Aneignung des Entspannungsreflexes.

Warum Autogenes Training eng nach Schultz?

Das Autogene Training hat seit dem Tod von Prof. Schultz im Jahr 1970 einige Veränderungen erfahren, die zu vermehrten Problemen beim Erlernen führen können. Die häufigsten problematischen Veränderungen, die mittlerweile auch in einige Bücher über das Autogene Training Eingang gefunden haben, sind:

Die Veränderungen führen hauptsächlich zu zwei Problemen:

Sollten Sie bereits einmal damit gescheitert sein, das Autogene Training zu erlernen, können Sie überprüfen ob, es ggf. an den oben aufgeführten Gründen gelegen haben könnte. Vielleicht kommen Sie dann zum Schluß, dem AT noch eine zweite Chance geben zu können.

Literatur

Auf dem mittlerweile großen Ratgebermarkt zum Autogenen Training ist es aufgrund der mittlerweile häufiger auftretenden Abweichungen und zum Teil auch Fehlern im Vergleich zur ursprünglichen Ausarbeitung des AT durch Prof. Schultz gar nicht mehr einfach, Bücher zu finden, die dem ursprünglichen Anspruch an das AT gerecht werden. Unbedenklich empfohlen werden kann an dieser Stelle folgende Literatur:

Hirsch, R. D. u. Hespos, M. (2000), Autogenes Training bis ins hohe Alter, München, Basel: E. Reinhardt-Verlag.

Erfreulich ist auch die bildliche Darstellung der Übungshaltungen im Wikipedia-Artikel zum Autogenen Training

Impressum ::: Disclaimer ::: Home ::: Nach oben